Jeder Mensch geht unterschiedlich mit seiner Trauer um. Und dabei gibt es kein richtig und falsch. Im Laufe der oft chaotischen Momente der eigenen Trauer spüren manche Menschen den Wunsch nach Rückzug, nach Reflexion über den Sinn des Lebens und nach einer Neu-Ausrichtung. „Wer bin ich ohne den verlorenen Menschen? Wie soll mein Leben jetzt weiter gehen?“. Diese Fragen gehen oft einher mit weiteren, existenziellen Fragen. „Was ist der Sinn meines Lebens? Wofür lohnt es sich zu leben?“. Die Begegnung mit dem Tod hat die Macht, unser ganzes bisheriges Lebenskonstrukt infrage zu stellen und manchmal auch ganz über den Haufen zu werfen. Solche tiefgehenden Fragen fühlen sich oft unangenehm an, weil die alten Antworten uns nicht mehr tragen und wir noch keine neuen Antworten darauf gefunden haben. Wir fühlen uns orientierungslos und verwirrt. Aber diese Fragen sind auch sehr wertvoll, denn die Auseinandersetzung mit ihnen kann uns stärken und uns helfen, nach der Trauer wieder Fuß im Leben zu fassen.
Um sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, braucht es in der Regel einen liebevollen und achtsamen Raum, einen gewissen Abstand vom alltäglichen Leben, eine Auszeit. Denn im Chaos des Alltags fällt es uns oft schwer, diesen Fragen ausreichend Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Rückzug über einige Tage oder Wochen kann hier sehr unterstützend sein. Entweder für sich allein an einem einsamen Ort, z.B. in der Natur, oder auch in Form eines professionell begleiteten Stille- oder Meditations-Seminars. Die Stille hilft uns nicht allein, dass sich unsere Gedanken beruhigen und klären, sondern auch, dass tiefgehende Impulse und Antworten aus unserem eigenen Inneren aufsteigen und gehört werden können. Es kann sich in uns etwas klären, etwas zur Ruhe kommen.
Wenn uns der Tod eines geliebten Menschen aus der Bahn reißt, verlieren wir zudem oft den Bezug zu unserer inneren Balance. Entsprechend kann auch stilles Yoga unterstützend sein – ebenso wie verschiedene Formen der Meditationen – uns nach dem Verlust neu zu erden und unsere eigene Mitte zu stärken. Indem wir den eigenen Körper bewusst spüren – das schlagende Herz, den fließenden Atem, das Blut in den Adern – wird uns wieder stärker bewusst, dass wir uns selbst aktiv im Leben befinden und wir dieses jeden Moment (neu) gestalten können.
Stille ist nicht zuletzt das Tor zur Spiritualität. In allen großen religiösen, philosophischen und spirituellen Traditionen spielt Stille eine wesentliche Rolle. Mit den Worten eines antiken Philosophen:
Der persische Dichter Rumi formuliert es so:
In der stillen Reflexion kann sich unser Verständnis von Vergänglichkeit vertiefen, von Leben und Tod. Es kann sich aber auch die Erfahrung von etwas Unvergänglichen zeigen, von etwas, für das die verschiedenen Traditionen unterschiedliche Namen gefunden haben. Etwas, was über den reinen Glauben hinausgeht und direkt erfahren werden kann. “Finde die Stille, dann findest Du Gott.“ heißt es sowohl im Hinduismus wie in der christlichen Mystik. Andere Traditionen sprechen vom unvergänglichen Selbst, welches wir in der Stille finden können. Die Berührung mit dem Unvergänglichem kann dabei eine unendliche Quelle des Trostes sein.